Overather ev. Kirche lebt weiter

Auf den Tag genau 68 Jahre nach der ersten Einweihung der „Diaspora-Kapelle“ der ev. Kirchengemeinde Overath begann heute das „2. Leben“ des Kirchengebäudes: dieses Mal im LVR-Freilichtmuseum in Kommern mit einer festlichen Eröffnung. Es war ein schönes Erlebnis, mit vielen Overathern gemeinsam die erste Andacht am neuen Ort feiern zu dürfen.

Ostern 2017 wurde das Gebäude der damaligen Versöhnungskirche auf dem Overather Klarenberg in einem feierlichem Gottesdienst entwidmet. An gleicher Stelle baut die Kirchengemeinde eine neue, moderne Kirche. Nicht nur aus diesem Grund hielt sich die Trauer über den Verlust des liebgewonnenen Gotteshauses in Grenzen; denn es bleibt als ein typisches Beispiel einer Notkirche aus den Gründungsjahren der Bundesrepublik Deutschland im Freilichtmuseum erhalten.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kamen Millionen Flüchtlinge nach Westdeutschland - natürlich auch ins Rheinland. Ein Großteil der Städte sind in Folge des Krieges stark zerstört. Dennoch mussten die Flüchtlinge aus den besetzten Gebieten im Osten und den ostdeutschen Räumen aufgenommen werden.

So kamen auch viele Menschen nach Overath. Die Gemeinde hatte damals ca. 5.000 Einwohner. Gerade die ländlichen Gebiete waren stark katholisch geprägt. So wird berichtet, dass 1945 nur knapp 200 Overather die evangelische Konfession hatten. Viele Flüchtlinge kamen aber aus Gebieten mit überwiegend evangelischer Konfession. Neben dem mangelnden Wohnraum fehlen ihnen zudem Räumlichkeiten, in denen der Gottesdienst abgehalten werden konnte. In Overath gab es damals kein evangelisches Kirchengebäude. Durch die stark - etwa um das 10fache auf ca. 2.000 Gläubige - angewachsene evangelische Kirchengemeinde wurde nach einer schnellen und in den damaligen Notzeiten finanziell tragbaren Lösung für ein eigenes Kirchgengebäude gesucht.

Da passte der vom bekannten Architekten Otto Bartning (1883-1959) - einer der Mitbegründer der Bauhaus-Idee - Ende der 1940er Jahre entwickelte Typenentwurf einer „Diasporakapelle“ genau auf die Anforderungen der Overather. Grundidee des Entwurfs war eine aus Holz vorgefertigte, selbsttragende zeltförmige Konstruktion, die auf drei massiven Umfassungswänden stand. Der Aufbau der Kapelle sollte überwiegend in Eigenleistung der Gemeindemitglieder erstellt werden. So konnte mit Hilfe von Spenden aus der evangelischen Kirche in der Schweiz und der tatkräftigen Eigenleistung der Overather nach nur 62 Tagen Bauzeit am 22.07.1951 die eigene „Diasporakapelle“ als Notkirche an der Kapellenstraße in Overath eingeweiht werden.

Nun mussten die sonntäglichen Gottesdienste der evangelischen Gemeinde nicht mehr in den Sälen von Kino, Gasthof oder Schule stattfinden, sondern konnten in der eigenen Kirche gefeiert werden.

Insgesamt 33 baugleiche Kirchengebäude konnten in den Nachkriegsjahren in Westdeutschland erstellt werden. Somit war die Overather Diasporakapelle typisch und dadurch geeignet, als Exemplar dieser Form der Kirche zu dienen. Im Lutherjahr 2017 begann dann der Umzug von Overath in das LVR-Freilichtmuseum nach Kommern. Nach dem Entwidmungsgottesdienst wurde zunächst die Orgel abgebaut, die inzwischen restauriert in der wiederaufgebauten Kapelle in bekannter Tonalität gespielt werden kann. Die in Overath in Großbauteile zerlegten Einzelteile wurden behutsam nach Kommern transportiert. Dort wurden die Bauteile sorgfältig restauriert und anschließend wieder originalgetreu zusammengesetzt. Die Kirche aus Overath wird in Kommern größtenteils im Erbauungszustand von 1951 präsentiert, aber auch die späteren Veränderungen werden in verschiedenen Zeitschnitten gezeigt.

Die Kirche kann im Rahmen der Öffnungszeiten des LVR-Freilichtmuseums an 365 Tage im Jahr besichtigt werden.

https://kommern.lvr.de

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