„GEMEINSAM neue Wege gehen“

Rainer Deppe im Gespräch mit CHRISTOPH NICODEMUS, Bürgermeisterkandidat in Overath

2002 zog es ihn in die Ferne, jetzt ist er wieder da: Christoph Nicodemus, 1968 in Waldbröl geboren, studierter Verwaltungs- und Betriebswirt, war zweieinhalb Jahre stellvertretender Kämmereileiter in Overath, wechselte dann als Kämmerer zur Gemeinde Bomlitz (Niedersachsen) und 2013 als Beigeordneter und Kämmerer in unsere Nachbarstadt Rösrath. Zur Kommunalwahl 2020 ist er zurück an seiner alten Wirkungsstätte Overath und bewirbt sich als gemeinsamer Kandidat von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP um das Amt des Bürgermeisters. Ausgestattet mit einer gediegenen Verwaltungs- und Wirtschaftsausbildung und vor allem mit viel Führungserfahrung und Gestaltungskompetenz trifft er in Overath auf eine Stadt mit hohem Wohnwert, eine aktive, wache Bürgerschaft, aber auch auf viele ungelöste Probleme. „Wenn wir die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft hier vor Ort lösen wollen, müssen wir gemeinsam neue Wege gehen“, ist Christoph Nicodemus überzeugt. Rainer Deppe befragte ihn, was es damit auf sich hat.

 

DEPPE: Herr Nicodemus, zunächst ganz ungeschminkt die Frage: Wie wird man Bürgermeisterkandidat eines Jamaika-Bündnisses, das für Overath absolut neu, eher ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig ist?

NICODEMUS: Ich bin von der CDU gefragt worden, ob ich mir vorstellen kann, für die drei Parteien CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen als parteiloser Bürgermeister-Kandidat in Overath anzutreten. Es haben dann sowohl Einzelgespräche mit jeder der drei Parteien als auch Gespräche in großer Runde stattgefunden. Gesucht wurde ein/e Kandidat/in, der/die die Reibungsverluste in der Verwaltung reduziert und eine Richtung vorgibt, die Bürgerschaft bei wichtigen Entscheidungen einbezieht, den Informationsfluss unparteiisch und offen gestaltet, mit dem Rat kooperativ zusammenarbeitet und in allen wesentlichen Sachfragen fit und kompetent ist. Offenbar sehen alle drei Parteien da zurzeit eher Defizite im Rathaus. Die genannten Anforderungen sind mir aus meiner bisherigen Arbeit vertraut und wichtig. So sind wir zusammengekommen.

 

DEPPE: Schwarz, gelb und grün sind ja in Einzelfragen nicht immer kompatibel. Rechnen Sie trotzdem mit einer dauerhaft guten und belastbaren Zusammenarbeit?

NICODEMUS: Ob es in der nächsten Ratsperiode zu einem wirklichen Jamaika-Bündnis kommt oder es bei einer sachorientierten Zusammenarbeit bleibt, weiß ich nicht. Mir geht es um die besten Ergebnisse, und die möglichst im Konsens. Ich kann mit allen Parteien gut zusammenarbeiten, würde niemanden bevorzugen oder benachteiligen. Was wir in Overath brauchen, sind stabile politische Verhältnisse und ein vertrauensvolles Miteinander, mit und zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Dass Ökonomie und Ökologie nur zusammen funktionieren, dass Wirtschaftsförderung und Naturschutz kein Gegensatz sein müssen, dass Prozesse und Projekte zielgerichtet erfolgen müssen, um effizient zu sein - diese Erkenntnis zwingt uns, Themen strategisch anzugehen, die Dinge immer wieder neu zu denken und alternative Lösungen zu suchen. Und dazu haben sich CDU, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP bereiterklärt. Das meine ich mit dem Leitsatz: „Gemeinsam neue Wege gehen“.

 

DEPPE: Die große Herausforderung der Zukunft ist immer die Stadtentwicklung. Wir hier in Overath sind ein dichtbesiedelter, intensiv genutzter ländlicher Raum, wo die unterschiedlichen Ansprüche oftmals hart aufeinanderprallen. Fläche und Topographie sind feste Größen. Wo sehen Sie Entwicklungschancen? Wie würden Sie vorgehen?

NICODEMUS: Maßvolle Erweiterungen von Siedlungsflächen sollen nur noch auf Gelände stattfinden, wo Natur und Umwelt dies vertragen und wo eine möglichst gute ÖPNV-Anbindung gewährleistet ist. Gleiches gilt für Gewerbeflächen. Es sollte in jedem Fall angestrebt werden, mit den örtlichen Naturschutzverbänden Maßnahmen im Vorfeld abzustimmen. Unsere schöne Landschaft muss erhalten bleiben. Jeder Eingriff muss sich einfügen und wird adäquat über das Öko-Konto ausgeglichen. Wichtig ist mir ferner ein wirklicher Ausbau beim schnellen Internet und Verbesserungen bei naturnahen Naherholungsangeboten, z. B. beim Radwegenetz. Da könnten wir viel weiter sein.

 

DEPPE: Den laufenden Betrieb schaffen die Städte im Regelfall aus eigener Kraft. Für größere Entwicklungsschritte gibt es dann Fördermittel von der Landes- und der Bundesregierung. In Rösrath drehen sich im Moment die Baukräne am Schulzentrum.

NICODEMUS: Ja, die Antragstellung war ein echter Kraftakt für die Stadtverwaltung. Aber wir wussten: Nur mit Hilfe des Landes würden wir es schaffen, unser Schulzentrum zu einem zeitgemäßen Bildungs-Campus umzugestalten. Wenn es dann gelingt, profitiert nicht nur die Stadt, sondern in erster Linie die Schüler. Das sollte auch anderswo gelingen.

 

DEPPE: Overath ist Bahnstadt. Die Regionalbahn 25 ist für uns immens wichtig, unsere schnellste ÖPNV-Verbindung nach Köln, zur Rheinschiene und ins Oberbergische. Deshalb sind wir Mitglied im Bündnis für die Oberbergische Bahn.

NICODEMUS: Entscheidend ist, dass es dem NVR (Nahverkehrsverband Rheinland) gelingt, die Züge mindestens alle 20 Minuten fahren zu lassen. Anders werden wir auf längere Sicht die zusätzlichen Fahrgäste nicht befördern können. Mit dem Haltepunkt Vilkerath werden es ja eher mehr als weniger. Dass die Landesregierung unsere Strecke für die Elektrifizierung an den Bund gemeldet hat, ist ein großartiges Zeichen für Overath. Den Engpass „Tunnel Hoffnungsthal“ kann man mit moderner Technik überbrücken. Moderne Elektro-Hybrid-Züge, die im Tunnel die Stromabnehmer einziehen und im Akkubetrieb fahren, sind bereits im Testbetrieb unterwegs, z. B. der Prototyp Siemens Desiro ML in der Cityjet eco-Ausführung.

 

DEPPE: Jede Investition in kommunale Infrastruktur, Schulen, Kitas, Bäder, Straßen, Brücken etc., zieht Unterhaltungs- und gegebenenfalls Erneuerungskosten nach sich. Der Unterhaltungsstau ist in Overath an allen Ecken offensichtlich; im Schulzentrum, im Bürgerhaus oder bei der seit Jahren kaputten sog. Schwarzen Brücke bei Immekeppel.

NICODEMUS: Eine Bewirtschaftung von Infrastruktur, die nicht nachhaltig ist, rächt sich. Denn sie zehrt an der Substanz, mindert die Nutzungsmöglichkeiten und das Vermögen der Stadt. Nehmen Sie die kaputten Fenster am Schulzentrum. Der Austausch von Fenstern ist eine rentierliche Maßnahme und hätte längst umgesetzt werden müssen. Straßen, die nicht repariert werden, werden immer schlechter und die Reparaturen werden immer teurer. Wenn der Haushaltsausgleich mit der Vernachlässigung des städtischen Vermögens erkauft wird, ist das letztlich eine Milchmädchenrechnung, und das bei drastischen Steuersätzen. Solche Sünden holen einen immer ein.

 

DEPPE: Nicht jede Entscheidung fällt einstimmig und wird von allen gut geheißen. Die Überstimmten bemängeln dann schnell fehlende Transparenz und Bürgerbeteiligung.

NICODEMUS: Transparenz muss man von Anfang an leben; Grundlagen und Bedingungen, die einer Entscheidung zu Grunde liegen, müssen offen dargelegt werden. Ich will, dass die Bürgerinnen und Bürger die eingeschlagene Richtung nachvollziehen können, auch wenn sie sich diese vielleicht anders gewünscht haben. Bei allen wichtigen Fragen, Handlungskonzepten, Richtungsentscheidungen, Bauleitplanungen, Dorferneuerungen, Kanal- und Straßenbaumaßnahmen, Infrastrukturmaßnahmen etc., plädiere ich für eine Bürgerbeteiligung. Dort werden wir Ideen und Anregungen rechtzeitig hören, ernst nehmen und bedenken. Alle Argumente, Pro und Contra, müssen bekannt sein. Nur so kann der Stadtrat eine abgewogene Entscheidung treffen.

 

DEPPE: Zurück zur Kommunalwahl. Ihr Gegenüber wirbt mit „Einer von uns“, obwohl er auch nicht in Overath geboren wurde. Gibt es einen Heimatbonus, vor dem Sie sich fürchten müssten?

NICODEMUS: Nein, nicht wirklich. Ich bin gebürtig aus dem Bergischen und habe nach wie vor viele persönliche Beziehungen zu Overath. Ich lebe in Rhein-Berg, zwei Kilometer Luftlinie von Overath entfernt, und habe den weit überwiegenden Teil meines Lebens im Bergischen verbracht. Dass ich auch mal „über den Tellerrand geschaut habe“, betrachte ich nicht als Nachteil. Als Bürgermeister werde ich natürlich nach Overath ziehen. Und nebenbei, die Heimat vieler handelnder Personen ist da wohl weit weniger bergisch.

 

DEPPE: Abschließend die ein wenig widersinnige Standard-Abschlussfrage an Kandidaten, die wenn sie gewählt werden sollten, so gut wie keine Freizeit mehr haben: Was macht Christoph Nicodemus in seiner Freizeit, welchen Hobbys geht er nach?

NICODEMUS: Früher habe ich in Denklingen 20 Jahre lang im CVJM und in der Kirche Jugendarbeit gemacht. Und seit 30 Jahren spiele ich gerne Volleyball, viele Jahre auch im Verein. In Rösrath engagiere ich mich ehrenamtlich zusammen mit Berthold Kalsbach als Geschäftsführer der Schloss Eulenbroich gGmbH. Da geht es um den Betrieb und die Bewirtschaftung der Einrichtung, um mehr als 100 Veranstaltungen im Kunst-, Musik- und Medienbereich und die Organisation von Kulturevents. Das macht mir viel Freude und ich werde sicherlich auch in Overath hinreichend Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement finden. Eine Leidenschaft aber ist das Chorsingen, bis vor kurzem im Gospelchor Volberg. Vielleicht demnächst ja auch in Overath, wo es eine Reihe von fantastischen Chören gibt.

 

DEPPE: Herr Nicodemus, herzlichen Dank für das informative Gespräch. Ich wünsche Ihnen bei der Bürgermeisterwahl viel Erfolg und freue mich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

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